Donnerstag, 4. Juli 2013

Wo ich lebe

Die Koordinaten der Finca Las Brisas sind 6º 05,514' Nord 73º 23,097' W und 1513 m ü. M. Der Bauernhof gehört zur ausgedehten Gemeinde von Suaita und liegt im Einzugsgebiet des Rio Suarez, einem wichtigen Zufluss des Rio Magdalena, auf der Westseite der gewaltigen Ostkordilliere. Jahreszeiten im eigentlichen Sinne hat es keine, dennoch gibt es zwei Trockenzeiten, eine in den Monaten Januar / Februar und eine kurze im Juli. Die Niederschlagsmenge ist hoch, mehr als 2000mm im Jahr. Die Durchschnittstemperatur liegt bei etwa 20ºC. Tageshöchsttemperatur ist um die 30ºC, nachts kühlt es bis etwa 15ºC ab.



Es werden Kaffee, Zuckerrohr, Bananen und Kochbananen, Yuca, Avocado, Mango und Papaya angebaut aber auch Milchkühe gehalten. Man steht bei Morgendämmerung um 5 Uhr auf, dann ist es noch angenehm kühl, ja sogar frisch. Manchmal regnet es leicht, häufig hat es Frühnebel. Bald kommt die Sonne durch und löst den Nebel rasch auf. Dann brennt die Tropensonne vom fast wolkenlosen Himmel, von Stunde zu Stunde wird es heisser und schwühler, bis um die Mittagszeit ein  thermischer Talwindwind aufkommt, der einen die Hitze erträglicher macht. Am späteren Nachmittag schläft der Wind ein, Wolken türmen sich auf und bald schon fallen die ersten Tropfen. Alle paar Tage kommt es zu heftigen Gewittern, mit sintflutartigen Niederschlägen, Blitz und Donner und Stromausfällen. Die Abenddämmerung um  etwa 18 Uhr ist die schönste Zeit des Tages, der Regen hat die Hitze weggewaschen, manchmal klart es auf und in den nahen Bergen kann man das Wetterleuchten der abziehenden Gewitter sehen. Ideal, um nach einem intensiven Arbeitsstag zu entspannen und ein paar Runden im Pool zu schwimmen.




Die Finca Las Brisas hat eine Fläche von 6,5 ha und besteht aus zwei Teilen. An der Hauptstrasse nach Bucaramanga liegt das Wohnhaus mit 4 Doppelzimmern, die an Passanten vermietet werden und dem Restaurant mit 60 Sitzplätzen. Dazu gehören der Swimmingpool, und die drei Fischteiche, in denen etwa 3000 Speisefische grossgezogen werden. Ferner hat es einen Kuhstall, der allerdings auf eine neue Nutzung wartet, da die Milchwirtschaft zu wenig einbringt.
So bleiben etwa 5,5 ha Wiesland, die zur Zeit ein Bauern nutzt, der weiterhin Kühe hält und eine extrem extensive Milchwirtschaft betreibt. ( 5 Zebus geben etwa 20l Milch täglich )
Um die Landwirtschaft zu intensivieren, beabsichtigen wir zu Beginn eine Pflanzung von einer Hektare Maracuja ( Passiflora edulis ) und ein paar eigenen Rindern, die wir bis zur Schlachtung grossziehen werden.
Ferner habe ich in Flussnähe ein Grundstück von einer Hektare gekauft, wo ich ein neues Wohnhaus möglichst Energieautark und Subsistenzpflanzungen von Bananen, Papaya, Avocado, Zitrusfrüchten, Kaffee, etc. anlegen werde. Mir gefällt vor allem, das hier fast alles wächst und abgesehen von der Tageshitze über die Mittagszeit für Tropenverhältnisse ein eigentlich angenehmes Klima herrscht. Auf dieser Höhe gibt es keine Malaria und an die Zancudos tagsüber und an die Stechmücken zur Dämmerungszeit gewöhnt man sich.


Neben den Arbeiten auf der Finca mache ich mit Gleichgesinnten ab und zu Ausflüge in umliegende Höhlen. Die Flach abfallenden Kalkbänke der Kordilliere von Suaita sind komplett durchlöchert, das grösste Problem ist jedoch der Zustieg. Die Felsbänder sind alle mit Urwald bewachsen, man muss sich seinen Weg mit der Machete freischlagen und die Sicht auf die Felswände ist auch durch Bäume und Lianen behindert. Hat man jedoch einmal ein Loch gesichtet, sind eben diese Schlingpflanzen hilfreich, um die Eingänge zu erreichen. Die Höhlen dieser Region sind insofern speziell, dass sie meist absolut trocken sind und kaum Tropfsteine aufweisen. So auch bei einer Höhle, in der wir einen indianischen Friedhof mit Mumien gefunden haben. Leider waren wir nicht die Ersten und so sind die meisten von Grabräubern auf der Suche nach Wertgegenständen geschändet worden. Dennoch ist sie wahrscheinlich für Archeologen interessant, weil es in der Region kaum ähnliche Fundorte gibt.




Samstag, 1. Juni 2013

Höhlentouren


Noch immer bin ich im Departement Santander. Weite Teile in diesem Gebiet sind aus Sedimentgestein. Was allerdings nicht automatisch heisst, dass es überall Höhlen hat. Vielerorts sind es dicke Packete von Buntsandstein mit dünnen Zwischenlagen von sehr dunklen Kalken. Der Karst ist nicht auf Anhieb als solcher zu erkennen, einerseits, weil der Kalk nur sehr lokal zu Tage tritt und anderseits ein guter Teil von dichtem Tschungel bewachsen ist. Besteht jedoch die Erdoberfläche aus Kalk, ist sie von riesigen Dolinen durchsetzt, die mit üppiger Vegetation bewachsen sind.



So auch bei der Cueva de Nitrio. Bei dieser Höhle handelt es sich um eine Durchgangshöhle mit Wasserlauf von einer geschätzten Länge von etwa 400m mit einem seitlich verlaufenden Labyrinth von alten fossilen Galerien, so das sich ein System von geschätzten 1,5 km ergibt. Die ganze Höhle verläuft auf einer einzigen Schichtfuge, der Hauptgang mit dem Wasserlauf hat sich etwa 2 - 3m in den darunterliebgenden Fels gefressen und damit die alten Gänge gekapt.




Auffallend ist das fast vollständige Fehlen von Versinterungen, was sich dadurch erklären lässt, dass der darüberliegende Sandstein eine völlige Versiegelung zur Oberfläche herstellt. Der Hauptgang hat einen durchschnittlichen Durchmesser von 6 - 8m, die fossilen Gänge sind deutlich kleiner. Der Höhlenbach tritt am oberen Eingang in einer Einsturtzdoline in die Höhle ein, Zubringer hat es kaum. Nach heftigen Gewittern steigt der Wasserspiegel um gut eine Meter an, der Bach verwandelt sich zu einen reissenden Fluss, eine Begehung ist dann unmöglich, die fossilen Höhlenteile bleiben aber trocken.


Die Höhle ist relativ einfach zu erreichen, die Leute aus der Umgebung besuchen sie regelmässig. Wenn ein geeignetes Fahrzeug (4×4) zur Verfügung steht, kann man bis ca. 5 Minuten vor den Eingang fahren. Ansonsten lässt man sich von Vado Real auf der asphaltierten Strasse nach Gambita bis zur beschilderten Abzweigung fahren und wandert ca. 1 Stunde durch Zuckerrohrfelder und Urwald bis zur Höhle.



Es gibt extrem viele Fledermäuse, die an der Decke schlafen und durch das Licht der Besucher aufgeschreckt werden und wild herumflattern. Zum Teil sind sie riesig, ich denke einige haben eine Flügelspannweite von 30 - 40 cm. Dank dem Höhlenbach, der alle paar Tage die ganze Gangsohle flutet, hat es kaum Exkremente.




Donnerstag, 9. Mai 2013

Die Zuckerproduktion in der Provinz Santander

Die Provinz Santander liegt in der Ostkordilliere, die hier mit Bergen mit über 5500m in El Cocuy ihre höchsten Erhebungen erreicht. Nicht ganz so hoch liegt das Gebiet um Suaita, einer touristisch unerschlossenen Region auf der Westseite der Kordilliere mit Bergen von immerhin 3500m, mit wilden Schluchten, reissenden Flüssen, kaum erforschten Höhlensystemen und einer üppig grünen Landschaft, in der je nach Höhenlage allerlei tropische Früchte und Gemüse angebaut werden.


Ein wichtiges Agrarprodukt ist das Zuckerrohr, das auf einer Höhe von 500 bis 2000m ansgepflanzt wird. Die hügelige Landschaft erlaubt kaum eine Bearbeitung mit grossen Maschinen und so sind die Zuckermühlen, die sogenannten Trapiches Kleinbetriebe, in denen viel Handarbeit verrichtet wird. Das Zuckerrohr wird mit der Machete über dem Boden abgeschnitten, die Krone aus den Blättern dient als Futter für die Maultiere oder wird als Gründüngung liegengelassen.


Die etwa 1m langen Stiele werden auf die Maultiere geladen, die ihre schwere Last von etwa 130kg möglichst rasch loswerden wollen und so den Weg zu den Trapiches selbständig gehen. Hier wird das Zuckerrohr abgeladen und gestapelt bis zur nächsten Pressung.


Die sogenannte Mühle ist eine einfache Maschine bestehend aus mehreren Rollen, zwischen denen der Zuckersaft abgepresst wird. Der rohe Zuckersaft ist eine schwärzliche Brühe mit einem Zuckergehalt um 20%, der zuerst durch einfache mechanische Filter geleitet wird, bevor er in ein erstes Siedebecken gelangt.

 
Damit sich die Verunreinigungen von der Oberfläche abschöpfen lassen, wird ein Sud aus einer Baumrinde zugeführt, der die Sedimentation beschleunigt. Nun wird die Melasse von einem Siedebecken ins nächste geschöpft, der Zuckersaft durch Verdampfung eingedickt und weitere Verunreinigungen abgeschöpft.


Hat die Melasse die gewüschte Konsistenz erreicht, gelangt sie in ein neues Becken, von wo sie in Holzformen geschöpft wird und anschliessend auskühlt. Die fertigen Rohzuckerblöcke werden abgepackt und gelangen so in den Handel.


Das ausgepresste Zuckerrohr wird etwa 10 Tage in der Zuckermühle getrocknet und dient anschliessend als Brennstoff für die Evaporation. Da die Verdampfungspfannen sehr viel termische Energie brauchen, wird die Produktion während 24 Stunden aufrecht erhalten, die Arbeiter ruhen in Hängematten über dem ausgepressten Zuckerrohr. Die Rohzuckerblöcke sind ein wichtiges Grundnahrungsmittel und werden für alles mögliche an Stelle von Zucker verwendet. Der beliebte Tinto, der im Kaffeeland Kolumbien bei jeder Gelegenheit getrunken wird, ist mit Panela gesüsst. Ein weiteres beliebtes Getränk ist Agua de Panela, Zuckerwasser, das warm wie Tee getrunken wird. Kalt wird Limonade, hergestellt aus Zitronensaft, Wasser und Panela serviert. Der Guarapo ist fermentierte und vergorene Agua de Panela, eher etwas für stärkere Mägen. Und schlussendlich wird natürlich auch Aguardientes, ein Anisschnaps aus Panela hergestellt.

Sonntag, 7. April 2013

Die Smaragdminen von Peña Blanca

Die Osterwoche Semana Santa beschehrte uns viel Arbeit im Restaurant. Nach diesen stressigen Tagen wollen wir die Smaragdminen von Peña Blanca besuchen, wo der Stiefvater und ein Bruder von Emilce leben. Die Minenregionen von Muzo und Cosquez liegen in der zerklüfteten Westflanke der Ostkordilliere mit steilen Bergflanken und tiefen Tälern, die sich zum Rio Magdalena hin entwässern. Das ganze Gebiet ist bis Heute nur durch wenige, schlechte Pisten erschlossen. An einer besseren Strassenanbindung wird aber fleissig gearbeitet, die Bauarbeiten erfordern jedoch die zeitweilige Sperrung der Strasse, was den Zugang nicht gerade vereinfacht. Bis vor wenigen Jahren war dies eine der gefährlichsten Regionen Kolumbiens. Der Krieg zwischen den verschiedenen Clans der Smaragdschürfern forderte Tausende an Menschenleben und keiner der Mineros wagte sich ohne Waffe auf die Strasse oder in die Stollen. Dank grossangelegten Einsätzen von Polizei und Militär gegen den Cocaanbau, die Vergabe von Schürfkonzessionen und der Entwaffnung der Mineros sind diese Wildwestmanieren heute Geschichte und man kann relativ gefahrlos die Minen besuchen.


Wir erreichen das Ende der Piste mit einem Pickup in Peña Blanca. Emilce hat hier einen guten Teil ihres Lebens verbracht und hat dementsprechend viele Verwandte und Bekannte. Es ist ihr erster Besuch nach gut 10 Jahren, viele sind überrascht und erfreut über das unerwartete Wiedersehen. Um das Rancho ihres Stiefvater zu erreichen, müssen wir etwa 20 Minuten durch die Minensiedlung den steilen Berghang hochsteigen. Überall hat es Stollenöffnungen und einfache Behausungen der Smaragdschürfer und ihrer Familien. Das Haus ihres Stiefvaters ist vor 2 Jahren durch Funkenwurf eines Generators abgebrannt und zur Zeit leben die 3 Mineros in einer kleinen Bretterbude, die sich allerdings kaum von den anderen Behausungen unterscheidet.


Wir gehen zuerst ein paar aufgegebene Stollen besichtigen. Die Stollen werden entlang von unterschiedlich breiten Quartzitadern in den metamorphen, marmorartig kristallisierten dunklen Kalk gesprengt und alle paar Meter werden zum Teil geräumige Klüfte angeschnitten, welche extrem weisse Versinterungen aufweisen. In diesen Quartzadern werden die Smaragde gefunden, allerdings in sehr unterschiedlicher Konzentration. So können Woche, ja Monate harter Arbeit vergehen, bis wieder einmal ein nennenwerter Fund erfolgt. Gebohrt werden verschiedene Löcher von etwa 50cm Länge mit einem gewöhnlichen Bohrhammer, gesprengt wird mit einer Mischung aus Zucker, Düngenitrat und Kalisalz, gezündet mittels eines improvisierten elektrischen Kurzschlusszünders. Anschliessend wird das gelockerte Quartzitband mit Hammer und Meissel ausgeräumt, bis der Fels zu hart wird und eine neue Sprengung wird vorbereitet. Dies war ein sehr aufschlussreicher Ausflug in eine Welt ähnlich der Goldsucher von Klondike, im Unterschied, dass dies noch Heute so abläuft.


Sonntag, 10. März 2013

Emilce

Als Velofahrer meidet man wenn immer möglich die grossen Städte wegen dem chaotischen Verkehr, so auch in Bucaramanga. Darum habe ich Quartier im Vorort Floridablanca bezogen, einer angenehmen Kleinstadt, wo man auch gefahrlos des Nachts durch die Strassen schlendern kann. Ich suche Ersatz für meine zweifelhaften Pneus, was sich als schwierig herausstellt. Dafür finde ich eine Velowerkstatt eines ehemaligen Radrennfahrers. Ich erkläre ihm mein Problem mit den rutschenden Pneus, und er meint, der Grund sei das glatte Felgenband und klebt mir darum ein Kreppband darüber. Seine Werkstadt ist auchTreffpunkt der Radbegeisterten von Floridablanca, und sie wollen mich am Wochenende zu einer Velotour in die Umgebung überreden.
Ich will aber noch einmal meine Freundin in Vado Real besuchen, danach sind die Anfahrtswege einfach zu lang. So frage ich im Hotel nach, ob ich mein Velo und den grössten Teil des Gepäcks bis Sonntags deponieren kann, was natürlich kein Problem ist. Am nächsten Morgen früh mache ich mit dem Bus auf die vierstündige Fahrt zurück zu Emilce, die mich schon sehnlichtst erwartet.
Wir verbringen 3 angenehme Tage zusammen und ich entschliesse mich,  meine Velotour vorerst einmal zu unterbrechen, nach Vado Real zu ziehen und mich um Emilce und ihre Finca zu kümmern.

Dienstag, 5. März 2013

Von Villa de Leyva nach Bucaramanga

Nachdem ich in Villa de Leyva meinen Lebensmittelvorrat aufgefrischt hatte, machte ich mich auf den Weg ins Naturschutzgebiet Iguaque, welches hochandinen Urwald und Paramo unter Schutz stellt. Ich musste wieder auf etwa 3000m hoch, die letzten Kilometer extrem steil, ich konnte das Velo kaum noch schieben. Wegen Waldbrandgefahr zu Ende der Trockenzeit war der Park leider geschlossen und ich konnte mir nicht die Paramovegetation mit seinen Frailejones ansehen, schade. Übernachtet habe ich anschliessend in einem Dorf auf etwa 2600m mit ausgedehnten Kuhweiden. Gemolken wird auf der Weide mit modernen Melkmaschinen, die Kühe brauchen weder Stall noch müssen sie gefüttert werden, das ganze Jahr wächst Gras.  Die folgende Abfahrt auf etwa 1500m bringt mich durch eine eindrückliche Karstschlucht mit andinem Urwald mit Baumfarnen, wie ich sie aus Neuseeland kenne. Nun weiden Zeburinder, überall wächst Zuckerrohr eingerahmt von wunderbar rotblühenden Bäumen.

Auf einmal kommen mir zwei Velofahrer mit Radtaschen entgegen, an einem Velo prangt die Schweizerfahne. Es sind Monika + Robi  http://www.velocos.ch/, zwei Langzeittraveller die in mehreren Jahren Asien, Nord- und Zentralamerika bereist haben und nun in Südamerika angekommen sind. Es gibt so viel zu berichten, wir können uns kaum noch trennen. Sie haben zum Teil dieselbe Route im Sinn, vielleicht gibt es eines Tages ein Wiedersehen. Nach ein paar schweisstreibenden Stunden suche ich wieder einmal eine Unterkunft und finde ein hübsches Hotel mit Restaurant und Swimmingpool. Die attraktive 50jährige Besitzerin und ich sind uns sofort sympatisch, und ich verbringe 3 Tage bei Emilce. Sie ist die Wittwe eines Drogenbosses, der bei einer Schiesserei ums Leben kam. Sie hat das Anwesen geerbt, hat es nun 6 Jahre alleine weitergeführt und möchte es nun verkaufen, um ein anderes Leben führen zu können. Als alleinstehende Frau hat sie einen schweren Stand in dieser Machogesellschaft. Sie kommt ursprünglich aus Esmeraldas, dem Smaragdminengebiet Kolumbiens wo rauhe Sitten herrschten, schon ihr Vater und 3 Brüder haben dort einen gewaltsamen Tod gefunden. Von all diesen Gewaltexzessen spührt man zum Glück heute kaum noch etwas, im Gegenteil, die Kolumbianer habe ich bis heute als ausserordendlich liebenswürdige Menschen erlebt.

Nun bin ich definitiv im tropisch heissen Kolumbien angekommen. Die Temperaturen liegen nun zwischen 30 - 35, trotzdem ist es hier in Barichara nicht tschungelmässig, sondern eher eine tropische Halbwüste. Die Dörfer Barichara und Guane sehen so aus, als ob die Spanier eben erst abgezogen wären.

Für die nächsten Tage habe ich mir eine abenteurliche Strecke ausgesucht. Ich will den Cañon de Chicamocha überqueren und zwar auf alten Karren- und Saumpfaden. Leider merke ich bald, das etwas mit meinem Hinterrad nicht stimmt, es dreht irgendwie mit Unwucht und macht so reibende Geräusche von Gummi auf Gummi. Ich Pumpe, um den Druck zu erhöhen, doch das Geräusch wird noch schlimmer. Bald darauf merke ich, das das Hinterrad Luft verliert, meinen ersten Platten. Beim ausbauen des Rades sehe ich die Bescherung, bei dem teuren und vielgepriesenen Schwalbe Marathon löst sich die Lauffläche von der Karkasse, er ist nur noch Schrott und das nach vielleicht 500 Kilometern. Ich bin stinkesauer und werde mich bei Schwalbe beschweren, es kann ja wohl nicht sein, dass die Werbung einem mindesten 6000 Kilometer verspricht, unplattbar, kommt mit allen Situationen klar, und dann versagt mitten in der Pampa Südamerikas dieses Teil wegen Herstellungsfehlern seinen Dienst. Ich baue meine Reservereifen ein und weiter gehts über Stock und Stein. Endlich kommt die lange Abfahrt in den Cañon und es geht zum Teil extrem Steil runter. Plötzlich macht das Vorderrad pschui, die Luft ist draussen. Nicht schon wieder denke ich, baue das Rad und den Schlauch aus und erlebe ein neues highlight. Das Ventil ist ausgerissen, der Pneu rutscht beim Bremsen über die Felge und hat das Ventil glatt abgetrennt, diese verschissenen Schwalbepneus. Neuen Schlauch einbauen und weiter geht die 1000m Abfahrt. Etwa alle 100m kontrolliere ich den Stand des Ventils und muss bestimmt viermal die Luft ablassen, um den Pneu wieder in die richtige Position zu bringen. Mierda de puta!

Kurz vor Dämmerung erreiche ich den Grund des Cañons und das halbverlassene Dorf Jordan. Mehr als Polizeiwache, Posada und einem rudimentären Restaurant ist nichts geblieben. Und es ist heiss, mindestens 30 Grad auch nachts. Am nächsten Morgen stehe ich bei Dämmerung auf, denn ich habe einen 1000m Aufstieg vor mir und ich will möglichst die Tageshitze meiden. Mit dem Wetter habe ich Glück, es ist bedeckt, mit dem Weg weniger, den schon rasch stellt sich heraus, dass der mit Steinen belegte Weg teilweise in einem sehr schlechten Zustand ist und zudem ausgesprochen steil. Nach 5 Std. Schieben hat die Schinderei ein Ende und ich komme in Los Santos an, wo ich mir erstmal ein Mittagessen gönne. Nach einer weiteren Übernachtung erreiche ich Bucaramanga , wo für den Weiterweg allerlei zu Erledigen ist.

Samstag, 23. Februar 2013

Die ersten Tage auf dem Velo

Seit meinem letzten Post ist einiges an Zeit vergangen. Ich wollte Bogota mit dem Velo in Richtung Norden verlassen. Um möglichts schnell dem höllischen Verkehr entfliehen zu können,  habe  ich eine Passtrecke gewählt,  die etwa in der Mitte der Stadt abgeht und über einen 3200m hohen Pass in ein paralell verlaufendes Tal führt.  Nach diesem ersten, langen, schweisstreibenden Aufstieg oben angekommen,  wollte ich nun die Abfahrt geniessen.  Der Fahrtwind wollte mir aber mein Käppi wegreissen, mit einer Hand die Vorderbremse, mit der andern den den Hut festhalten, das konnte ja nicht gut gehen. Ich stürtze und schlitterte ich über die Fahrbahn. Ich hatte Glück im Unglück, ausser aufgeschürfte Knie und Ellenbogen habe ich keine weiter Blessuren davongetragen.  Abends habe ich bei einem Restaurant  um Übernachtung nachgefragt und Fabrizio, der Besitzer  hat mir einen Zeltplatz in der Kuhweide gezeigt.  Anschlissend hat er mir eine vorzügliche Regenbogenforelle zubereitet  und so ging mein erster anstrengender Velotag zu Ende. Am nächsten Morgen wollte mich Fabrizio kaum mehr gehen lassen, aber ich wollte weiter, um mir mehr Kondition anzueignen, die man hier in den Anden dringend braucht. Die Strassen gehen rauf und runter, es gibt kaum  ebene Abschnitte.


Nun bin ich in Villa de Leyva angekommen, einem schmucken Kolonialstädtchen mit riesiger Plaza und Gassen mit Kopfsteinpflaster. Darum ist es auch sehr touristisch, und ich vermisse schon die einfachen Essenstände der Landstrasse mit Empanadas und Arepas.


Es hat aber auch einiges mehr zu bieten als kolonialen Bauten. Die Gegend um Villa de Leyva besteht aus Sedimentgestein, also Sandstein, Mergel und Kalk und man hat hier riesige fossile Meeressaurier gefunden, die in zwei veschiedenen Museen ausgestellt sind. Einer ist ein 8m langes krokodilänliches Ungeheuer mit einer 2m langen Schnauze.


Villa de Leyva hat auch ein ausgesprochen angenehmes Klima, nicht mehr so kalt wie in den Hochanden, aber auch noch nicht tropisch heiss, und es liegt auf der vom Passat abgewandten Seite der Ostkordilliere und ist darum auch angenehm trocken.